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Mennonitisches Immigrantenmöbel

Was ist mennonitisches Immigrantenmöbel

Wichtigste Möbelstücke

Quellen der Weichselniederung Tradition

Die Entwicklung der mennonitischen Tradition

Die Wanderung der Tradition

Auswanderung zur Neuen Welt

Das Schwinden der Tradition

Die Erhaltung einer Tradition


Museen mit ähnlichen mennonitischen Immigrantenmöbelsammlungen

Classen family wardrobe, ca. 1820
Cradle made by Jacob Kauffman, ca. 1880

Was ist mennonitisches Immigrantenmöbel?

Zwischen 1870 und 1880 immigrierten Mennoniten aus Preußen, Polen und Südrußland in die Prärie Nordamerikas. Das einzige Stück Möbel, daß sie mitbringen konnten, war eine Mitgifttruhe, die auch als Reisekiste diente.

Unter den Auswanderern waren begabte Tischler und Schreiner, die Möbel für ihre neuen Häuser in der Prärie bauten. Dieses neue Möbel wurde im Stil der hinterlassenen Heimat gebaut und verziert.

Meistens wurde das ziemlich massive und stabile Möbel der mennonitischen Immigranten entweder aus Esche oder Kieferholz gebaut. Das Möbel wurde mit eingelegtem Furnier verziert oder wurde gebeizt oder angestrichen.

Wichtigste Möbelstücke

Das Möbel der mennonitischen Immigranten war klar erkennbar an Form, Funktion und Stil. Dieses Möbel, in der kultur- historischen Tradition der Weichselniederung Polens verwurzelt, unterscheidet sich von dem der pennsylvania-deutsch Mennoniten und Amischen schweizerischen oder süddeutschen Abstammung.

Mennonitisches Möbel der Immigranten ist durch seine plattdeutschen Bezeichnung bekannt.


Kjist Mitgifttruhe
Akjschaup Eckschrank
Bad, Loaga, Bocht Rollbett
Waej Wiege
Schlopbenkj Schlafbank
Ruebenkj Ruhebank
Kjleedaschaup Kleiderschrank
Miaschaup Wandschrank
Glasschaup Glasschrank
Desch Tisch

Manches Möbel wurde häufig in nordeuropäischen Häusern der Mennoniten und nicht Mennoniten gefunden, z.B. Uhr, Stuhl, Bank, Schrank.

Die Tischlerfugen, die in mennonitischem Möbel benutzt wurden, sind die eingelegte doppelte Schwalbenschwanzverbindung, die Schwalbenschwanzverbindung, der einfache Zapfen, die Anschlitzzunge und der Holznagel. Eine weniger benutzte Tischlerfuge ist das Hakenblatt mit schrägem Stoß, oft gebraucht um den oberen und unteren Teil eines Kleiderschranks irgendwo in der Mitte aneinanderzufugen.

Quellen der Weichselniederung Tradition

Die Möbeltradition, die die mennonitischen Immigranten zu der Prärie brachten, hatte ihren Ursprung in der Weichselniederung Nordpolen.

• Volktradition

Die Kaschuben waren das ursprüngliche Volk der Weichselniederung. Diese slawischen Bauern bemahlten ihr handgefertigtes Möbel, z.B. Mitgifttruhen und Wiegen.

• Zunfttradition

Danzig (Gdansk) und Elbing (Elblag) waren Handelszentren, deren Tischler den Zünften gehörten, die Handelswaren für die obere Schicht der polnischen Gesellschaft herstellten. Diese Tischler stellten Mitgifttruhen und Kleiderschränke mit eingelegtem Furnier her.

• Biedermeierstil

Anfang des 19. Jahrhunderts bevorzugte die wachsende Mittelklasse der deutschsprachigen Gegenden Möbel des sogenannten Biedermeierstils. Diese neoklassistischen Formen und Verzierungen sind dem französischen Empirestil und dem englischen Regencymöbel ähnlich.

Die Entwicklung der mennonitischen Tradition

Im 16. Jahrhundert wurden die Mennoniten in den Niederlanden wegen ihres Glaubens verfolgt. In der Weichselniederung fanden sie Zuflucht. Da konnten sie ihre Gottesdienste in der holländischen oder plattdeutschen Sprache abhalten, bis sie ins Hochdeutsche wechselten, nachdem die Gegend 1772 Teil Preußen wurde.

Als die Mennoniten in der Weichselniederung Gemeinden (Kirchen) und Häuser bauten, erhielten sie ihre niederländischen Traditionen. Trotzdem wurde ihr Möbel von dem Baustil der Weichselniederung beeinflußt, sowie durch Form als Verzierung und Raum. Als die Mennoniten die Architektur und Möbel ihrer Nachbarn übernahmen, wurden Teile der Weichselniederung Tradition zu Teilen der mennonitischen Tradition.

Die Wanderung der Tradition

Als die Weichselniederung 1772 ein Teil Preußens wurde, belegte Kaiser Friedrich der Große die Gegend mit hohen Steuern und machte die besonderen Privilegien der Mennoniten rückgängig, z.B. Pachtgrundstücke, Befreiung vom Militärdienst. Danach begannen manche Mennoniten die Suche nach einem besseren Leben. Das polnische und russische Adel suchte fleißige Bauern, die ihre Wälder roden und ihr Land bewirtschaften konnten. Mit ihrem Versprechen von Land und Religionsfreiheit lockten sie manche Mennoniten aus der Weichselniederung, sowie auch Mennoniten schweizerischen Abstammung aus Süddeutschland.

Die russische Zarin Katherina die Große lud die Mennoniten ein, ihr neu erobertes Land dem Dnjeper Fluß in Südrußland entlang zu besiedeln. Zwischen 189 und 1802 zogen 460 mennonitische Familien aus der Weichselniederung nach Chortiza in Südrußland (heute Ukraine). Viele dieser Mennoniten waren arm und keine Landbesitzer.

Eine zweite Auswanderung der preußischen Mennoniten gründete zwischen 1804-1820 die Molotschna Kolonie. Diese Mennoniten waren reicher und konnten deswegen Handwerker in der neuen Kolonie unterstützen. Wegen der wachsenden mennonitischen Familien gründeten die Chortiza und Molotschna Kolonien neue Töchterkolonie quer durch Rußland.

Diese mennonitischen Siedlungen des 19. Jahrhunderts waren meistens selbstständig und lebten von ihren polnischen oder russischen Nachbarn abgeschlossen. In diesen Siedlungen bewahrten die Mennoniten ihr Möbel, das in der Weichselniederung gebaut wurde, auf.

Auswanderung zur Neuen Welt

Europäischer Nationalismus und Militärismus in der Mitte des 19. Jahrhunderts setzten die Mennoniten unter neuen Druck. Die neue Militärpflicht und Mangel an neuem Land drangen manche Mennoniten in Preußen, Polen und Rußland zur Auswanderung. Das Versprechen vom guten Ackerland zu günstigen Preisen lockte etwa 18 000 Mennoniten 1873-1874 zu der amerikanischen Prärie.

In ihrem Fracht brachten die Mennoniten Möbel, das sie auseinander bauen konnten und sich packen ließ. Mitgifttruhen wurden als Frachtkisten gebraucht. Hauptsächlich wurde die Möbeltradition der Weichselniederung im Gedächtnis und in der Fähigkeit der Tischler nach Nordamerika mitgebracht.

Das Schwinden der Tradition

Die jahrhundert alte Möbeltradition der Weichselniederung wurde für eine Zeit von den nordamerikanischen Immigranten weitergeführt. Doch innerhalb 35 Jahren auf der Prärie wurde diese Möbeltradition als altmodisch gesehen.

Reiche Mennoniten richteten ihre Häuser mit amerikanischem Möbel nach amerikanischem Geschmack ein. Dieses Möbel kauften sie in St. Louis, Kansas City, Topeka oder Omaha. Billiges Möbel, das in massenweise hergestellt wurde, war in den Kaufhäusern vorrätig oder im Versandskatalog lieferbar. Begabte Handwerker oder Tischler, die Auftragswaren herstellten, konnten nicht länger mit dem billigen Preis des amerikanischen Möbels konkurrieren. Die Fähigkeit dieser Handwerker wurde jetzt in der Landwirtschaft, Bauarbeit, oder in Kleingeschäften umgesetzt.

Die Erhaltung einer Tradition

2001 wurde die mennonitische Immigrantenmöbelsammlung des Kauffman Museums als offizielles Projekt von “Save America’s Treasures” eine öffentlich-private Partnership zwischen dem White House Council und dem National Trust for Historic Preservation bezeichnet.

Museen mit ähnlichen mennonitischen Immigrantenmöbelsammlungen

Mennonite Heritage Museum
Goessel, Kansas

Mennonite Settlement Museum
Hillsboro, Kansas

Heritage Hall Museum
Freeman, South Dakota

Heritage House Museum
Mountain Lake, Minnesota

Mennonite Heritage Village
Steinbach, Manitoba, Canada

316-283-1612 kauffman@bethelks.edu copyright © Kauffman Museum 9/15/06 crregier@bethelks.edu